Es ist ja so. Die ersten 60 Stunden unserer diesjährigen Ausgabe von HerzregenInWien verlief bar jeglicher Skurrilitäten, und das bildete uns natürlich nicht gut ab. Für die Rückreise hätten wir also mindestens mit einer Körpertauschsituation oder Ähnlichem rechnen können. Ganz so war es dann nicht, aber Körper war durchaus involviert.
Der Morgen gestaltete sich sehr ruhig, wir wachten offensichtlich beide auf und mussten etwas arbeiten, taten das also still und heimlich im Bett, dann packten wir die Koffer, was natürlich sehr fix ging, und dann wollte ich Frau N. wecken, stellte aber fest, dass hinter der geschlossenen Türe ein bereits geduschter und vollständig durchorganisierter Mensch saß. Wir trödelten noch ein bisschen rum, irgendwann waren wir dann abreisebereit und fuhren mit der Tram zur Ubahn. Die war dann unerfreulich voll, und in der Tür des Abteils, in das wir soeben noch einsteigen konnten, stand ein sehr unhöflicher Mann, wieder so ein Scheinriese, der sehr viel Raum einnahm und für sich entschieden hatte, sich keinen Millimeter zu bewegen, auch den weit ausgestreckten Fuß nicht zur Seite zu nehmen, so dass ich nur unter größten Schwierigkeiten noch einsteigen konnte. Da er es auch nicht möglich machen konnte, dass ich mich irgendwo festhalte, sonst hätte er sich ja etwa fünf Zentimeter zur Seite bewegen müssen, fuhr die Bahn also los und ich flog irgendwo hin, in seine Richtung, was er mit einem sehr lauten, unbeherrschten Geräusch quittierte. Ich berührte ihn jedoch gar nicht, sondern blieb an irgendwas hängen, was dazu führte, dass mein Arm dann blau wurde, später sollte ich mir am Hauptbahnhof noch einen kleinen Schnitt an einer Papiertüte zuziehen, was zu der Überlegung führte, dass wir den Arm eventuell einfach in Wien lassen könnten, in der Uniklinik Düsseldorf könnte man mir dann einen neuen dranmachen aus einem haltbareren Material.
Ich hatte in der Ubahn kurz überlegt, ob ich den Mann sehr böse angehen soll, mich aber dagegen entschieden, ich beließ es bei einem bösen Blick und einem mittellauten „Unmöglich“. Den Rest der Fahrt regte ich mich innerlich auf, dann stieg er mit uns aus, hatte auch Menschen mit Koffern bei sich, und dann philosophierten wir, dass er bestimmt auch nach Deutschland fährt. Am Bahnsteig sahen wir ihn dann nicht, trafen ihn aber am Eingang zu unserem Wagen wieder. Ich philosophierte dann, wie absurd es wäre, wenn wir nebeneinander sitzen würden, und dann setzte er sich auf Sitz 63. Ich sitze auf Sitz 62. Ich habe keine Worte dafür.
Drei Minuten nach Abfahrt stieg dann noch eine junge Frau im Spaghettishirt zu, die so nach Schweiß roch, wie ich noch nie einen lebenden Menschen nach Schweiß habe riechen gerochen. Sie sitzt hinter mir. Ich rieche sie gut. Wie so eine Pathologin habe ich mir dann Kampfersalbe in die Nase gerieben, und jetzt fahren wir nach Hause. Mit einem kaputten Arm und gleich bestimmt einer allergischen Reaktion in der Nase. In einem riesig langen Zug, in dem alle meine Freund:innen um mich rum sitzen.